Das Quartal hat eben erst begonnen und ich blicke auf den Theater-Spielplan der bevorstehenden drei Monate. Ich staune über das dichte Programm, jeden Tag gibt es ein anderes Event und alles wird minutiös bereits viele Wochen im Vorhinein geplant. Besucher, die bereits Karten erstanden haben, freuen sich bestimmt wie kleine Kinder über die Theaterbesuche. Das System läuft wie geschmiert – Quartal für Quartal, die Planung läuft auf Hochtouren und es gibt keinen Zentimeter Platz für Flexibilität.
Mich erschleicht der Gedanke, was wohl passieren wird, wenn jemand beginnt mit Rotstift den geplanten Spielplan umzugestalten.
„Heute ist kein guter Tag für diesen Kabarettisten, lassen wir das Event ausfallen, nur sagen wir noch niemandem, wann der neue Termin gesetzt werden wird. Oder wisst ihr was? Es wird noch einen drauf gesetzt. In den nächsten zwei Wochen wird der Veranstaltungsraum geschlossen, uns ist nach Ruhe und wir möchten einmal ein paar Tage aussetzen.“ Wie fühlt sich das für dich an, wenn du das liest? Hört sich das vertraut an? Was, wenn wir unser eigenes Leben, wie einen Theaterspielplan betrachten würden? Wie oft planen wir unser Leben minutiös im Vorhinein? Wir wissen genau, wie wir uns die nächsten Monate vorstellen und was passieren soll, doch dann kommt er. Wir wissen nicht wann, doch irgendwann ist er omnipräsent – der Rotstift, wir können ihn nicht mehr ignorieren und er beginnt wie wild unseren stimmigen Plan umzuarbeiten. Irgendetwas hat ihm daran nicht gefallen. Vielleicht war es die Flexibilität, die ihm gefehlt hat? Aber wer weiß, vielleicht war ihm der Spielplan auch einfach nur zu langweilig? Wir werden die Antwort darauf nicht erfahren.
Was, wenn der Rotstift von einer höheren Macht gesteuert wird? Was wäre, wenn entschieden wird, dass deine Rolle ruhig eine der Hauptrollen sein kann, anstelle der unscheinbaren, die du vorgesehen hast? Was, wenn du noch nicht weißt, dass der Moment für deine gesetzten Pläne noch nicht gekommen ist? Es fällt oft schwer das zu glauben, denn oft wirkt der Rotstift und sein Handeln sehr willkürlich, von der sehr chaotischen Sorte. Doch vielleicht muss es chaotisch sein, dass sich wieder eine neue gewohnte Struktur entwickeln kann? Wie dem auch sei, je mehr ich darüber nachdenke, umso komplexer wird das Ganze. Wir wissen weder, welche Rolle wir uns selbst zuteilen sollen für die kommenden Wochen und Monate, noch welche Themen von Außen auf uns einprasseln werden. Dennoch sind wir es gewohnt unser Leben zu planen, die Unsicherheit wollen wir zu einem hohen Grad verdrängen und somit die Kontrolle zurückgewinnen.
Ich denke Hass-Liebe beschreibt das Verhältnis zwischen mir und dem Rotstift ganz gut. Meist bin ich erschüttert, gestresst, enttäuscht oder traurig, wenn er zuschlägt. Nein, ich kann ihn in diesen Zeitpunkten definitiv weder schätzen, noch sein Handeln gutheißen. Doch ich weiß auch genau, dass es mir nach einer Zeit wieder gelingen wird, etwas Gutes in seinen Aktionen zu sehen. Die Angst weicht zwar nicht komplett, aber es entwickelt sich eine neutrale Einstellung, da ich gelernt habe, zu akzeptieren, dass ich nicht vor ihm fliehen kann und er zum Leben dazugehört.
Wie eben erwähnt, mag es oft sehr willkürlich scheinen, wenn er zuschlägt. Oft wirkt es auch nicht gerecht verteilt, wie oft und mit welcher Härte zuschlägt. Wie wäre es daher, wenn wir in unserem Leben ein wenig Raum für kreativen Spielraum frei lassen würden? Vielleicht können wir uns ein paar Stunden an Hirnschmalz sparen und dem Rotstift Arbeit übrig lassen. Es ist ihm ja auch möglich uns positiv zu überraschen.
Alles Liebe.
Eure Rox
Foto Credit: Pixabay/phegenbart
