Da gibt es diese kleinen Momente am Tag, in die ich eintauche und dabei komplett das Rundherum vergesse. Auch mein Gehirn vergisst dann für ein paar Augenblicke, dass es viel zu gerne beschäftigt ist und die Langeweile verabscheut.
Früher habe ich um ehrlich zu sein nie darüber nachgedacht, ich fand das normal, dass Menschen gestresst sind und es uns allen ähnlich geht. Wir sitzen sozusagen alle im selben Boot, warum soll es dann ausgerechnet mir anders gehen? Natürlich werden die Stressoren, die auf uns einprasseln – je älter wir werden – nicht weniger und auch die Erwartungshaltung an uns selbst wird nicht unbedingt angepasst, sodass es sich leichter leben lässt. So stecken wir also alle fest im Leben der Superlative, immer mehr, immer schneller, immer größer, immer weiter – das Gaspedal wird durchgetreten, es gibt keinen Stillstand. Wer stehen bleibt und nicht mehr mitkommt oder nicht mehr mitkommen mag, der wird am Weg stehen gelassen, abgestempelt als „zu langsam und zu unwichtig“ für diese Welt.
Doch hört sich das an, wie ein Leben, das wir uns herbeigesehnt haben und das wir aus vollstem Herzen leben möchten? Viel zu oft passiert es mir, dass ich meinen Kalender ordentlich zupflastere, nur um dann während der jeweiligen Tätigkeiten festzustellen, dass ich bereits an das Danach denke. Ein kurzer Blick auf die Uhr „90 Minuten habe ich noch, dann muss ich bereits aufbrechen.“ Innerlich bin ich dann zumeist bereits unrund, weil ich mich getrieben und gestresst fühle vom eigenen Leben, von den eigenen Plänen, die ich einst mit großer Vorfreude geschmiedet habe. Während ich mich in letzter Zeit oft dabei ertappe und ich mich dann innerlich ermahne, den Moment und das Hier und Jetzt zu genießen, fällt es mir dann doch zunehmend schwerer nicht an das Danach, das Morgen oder Übermorgen zu denken. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass unsere Gehirne planungssüchtig sind und auf jeden Fall scheinen sie Stress zu lieben, da wir uns viel zu oft selbst in die meisten Probleme hinein manövrieren.
Vergleichen wir unsere heutigen Leben mit jenen vor 20 Jahren, hat sich vieles verändert. Die Digitalisierung fällt mir als erste große Veränderung ein, die unsere Leben ganz schön auf den Kopf gestellt hat. Wer kann sich heute noch einen Tag ohne Smartphone vorstellen? Tja diese Zeiten gab es, in denen in Zug oder U-Bahn die Menschen nicht mit gekrümmten Wirbelsäulen und nach unten gesenkten Köpfen nonstop aufs Smartphone starrten und wo es noch um echte Kontakte und Interaktionen ging. Es wurde gelebt, ohne minutiös alles auf Social Media festzuhalten, um zu beweisen, dass das eigene Leben nicht schlicht und langweilig ist.
Auch die Erwartungen an uns sind gestiegen: Sei es der Leistungsdruck auf der Arbeit, der Druck, den wir uns selbst machen, viel zu verdienen und Karriere zu machen oder aber auch der Stress, den wir uns privat aufbürden. Während vieles hausgemacht ist – die eigenen Kritiker – zufriedenzustellen, gibt es selbstverständlich auch Stressoren, die es gibt, die man nicht eliminieren kann. Was jedoch möglich ist, ist, dass man anders auf sie reagiert.
Ich versuche für mich immer noch einen guten Mittelweg zu finden, für mich ist es keine Lösung, mein Handy zu kübeln, mir nichts mehr auszumachen und keine der Aufgaben umzusetzen, die ich mir vornehme. Dennoch ist es für mich auch kein gangbarer Weg, überall mit 100% dabei zu sein und mich selbst, mein Wohlbefinden zu ignorieren und ein Leben zu leben, das zwar meinem planerischen Gehirn gefällt, aber mir keine Freude bereitet. Mein Leben soll keiner langen To-Do Liste gleichen, die eine Aufgabe nach der anderen auf die Liste setzt und nur länger wird anstatt kürzer. Ich glaube die Stichwörter sind hier: Selbstbestimmung und Kontrolle übernehmen. Je älter ich werde, desto mehr stelle ich fest, dass es im Leben viel um die kleinen Entscheidungen geht, die oft nicht auffallen und die viele Menschen einfach übergehen, weil sie nicht bemerken, dass sie eine Grenze ziehen hätten können. Es sind jene Entscheidungen, die für uns wichtig sind, weil wir für uns und die Art, wie wir leben möchten, einstehen.
Ich wünsche euch gutes Gelingen. Wie gelingt es euch im Moment zu sein?
Alles Liebe,
Rox
Foto Credit: Pixabay/Larisa-K
