Wie stark und wohltuend die Sonne sein kann, hatte sie in den letzten Monaten fast vergessen. Tief vergraben und tief bedeckt von einer Eisschicht. Die friedvollen Momente an lauen Sommerabenden, wie unglaublich wohltuend sie waren. Neben ihr saßen Menschen, die sie liebte, ein Wort zu sprechen war überflüssig, man hätte ohnehin keine Worte gefunden, die diesem Moment gerecht geworden wären. So wie sie empfanden offenbar auch die anderen, denn es blieb still. Sie lauschten dem Vogelgesang und luden ihre Energie und Vitamin D Tanks mit der Sonne auf.
In diesem Moment benötigte es kaum mehr, innere Zufriedenheit war zugegen und der Moment konnte vollkommener kaum sein.
Tage später als sie über Ikigai gelesen hatte – was bedeutet seinen eigenen und ganz persönlichen Lebenssinn zu finden – wanderten ihre Gedanken zurück zu diesem Samstagnachmittag, der erfüllender nicht hätte sein können. Sie war weit weg gewesen von den Erwartungen der Gesellschaft, dem Druck und Stress der Arbeitswelt, aber auch ihrem eigenen Perfektionsstreben. Die Pause Taste drücken um Momente des puren Lebens zu empfinden, war heilig und selten geworden.
Und doch meldete sich die Perfektionistin in ihr, die sich fragte, ob das alles war, was wir im Leben erreichen sollten. Ein durchschnittliches Leben dauerte mitunter über 70 Jahre und alles, was wir sammeln sollten, waren stille Momente in der Sonne sitzend, in denen de facto nichts passierte? Da soll es nichts Zusätzliches geben, was wir der Nachwelt hinterlassen mochten? Also ganz abgesehen von all dem Krempel und Inhalt unserer Wohnungen und Häuser?
Kurz ging sie in sich und dachte an sich selbst, aber auch an all die anderen Menschen, die sich mit Scheuklappen verzweifelt durchs Leben bewegten und auf eine Erleuchtung hofften. War es nicht in jedem von uns angelegt, dass wir nach Wertschätzung strebten und konstant danach trachteten unseren Selbstwert zu erhöhen?
Auch die aktuelle Zeit, in der sie lebte, fand sie oft befremdlich, Menschen, die das Smartphone, ihren heiligen Gral, überall mit hin nahmen, chronisch von allen Situationen, Selfies schossen und dann gab es noch jene, die es vor Jahrzehnten zu nichts gebracht hätten, die jetzt trotz fragwürdiger Persönlichkeit und mit dem größten Ego Millionäre wurden.
Sie kam zu dem Entschluss, dass es kein Richtig und kein Falsch gab. Es führte auch nicht schneller zum Ziel, wenn man sich mit anderen Menschen verglich und deren Lebensstil kopierte. Aber es war natürlich alles andere als einfach seinen Weg zu entdecken und ihn selbstbewusst zu gehen. Besonders da uns bereits sehr früh antrainiert wurde, dass wir rational abwägen und uns für einen Job entscheiden sollten, der uns langfristig Geld und einen gewissen Status einbrachte. Unsere Freizeit wurde dann meistens von allen anderen Aufgaben, die es im Leben zu erledigen gab, still und heimlich aufgefressen.
Sie wollte nicht falsch verstanden werden, damit wollte sie nicht andeuten, dass wir auf der Stelle aufhören sollten zu arbeiten. Doch lediglich darauf achten, dass wir die 40 Stunden in der Woche mit einer Tätigkeit und in einem Umfeld verbrachten, die uns gut taten.
Einen definitiv spürbaren Trend nahm sie aktuell wahr, wenn es um Selbständigkeit und das selbst Verwirklichen ging. Darüber ließe sich sicher streiten, aber viele wollten die Antwort auf den höheren Sinn in der Selbstständigkeit finden. Einen Sinn des Lebens im eigenen Chef sein finden, stellte damit eine Abkürzung dar und war sicher nicht immer die logische und richtige Antwort für jeden. Den Sinn in der Wertschätzung der anderen zu suchen oder die Selbstständigkeit als Antwort auf unseren Selbstwert zu starten, war aus ihrer Sicht nicht zielführend. Aber es gab natürlich durchaus sehr viele Fälle, in denen die Selbständigkeit aus den richtigen Gründen gewählt wurde.
Doch wenn es jemanden zum Beispiel glücklich machte, in der Natur mit seinen Liebsten zu sein und nebenbei einem 38,5 Stunden Job nachging, den man gerne ausübte, dann war das völlig in Ordnung.
Wir müssen nicht immer alle höher und weiter. Sei mehr du und versuche weniger sein zu wollen wie jemand anders.
Alles Liebe, eure Rox
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